Interview mit Jürgen Dawo

Themen:

Außenauftritt, Kundenbindung, Krisenkommunikation, Social Media, Netzwerken, Arbeitgebermarke, Medienarbeit

 

Telefon - INTERVIEW
16. Dezember 2011
10.00 Uhr

Interviewpartner Jürgen Dawo
Gründer und Franchise-Geber von Town & Country Haus
Vorstand des Deutschen Franchise-Verbandes e.V.
Präsident der Aktion pro Eigenheim

Themen:
Außenauftritt, Kundenbindung, Krisenkommunikation, Social Media, Netzwerken, Arbeitgebermarke, Medienarbeit

Fragen:
Herr Dawo, Sie haben das Geschäftsmodell Town & Country Haus 1997 gemeinsam mit Ihrer Frau Gabriele gegründet. Heute ist Town & Country Franchise International der Marktführer im lizenzierten Hausbau in Deutschland und wurde als Franchise-Geber mehrfach ausgezeichnet, Sie selbst wegen ihrer unternehmerischen Leistungen ebenso. Was ist Ihr Erfolgsgeheimnis?

Das Erfolgsgeheimnis ist schlicht das starke Produkt „Haus“ als solches mit einem sehr guten Preis-Leistungs-Verhältnis. Und es ist das für die Immobilienbranche sehr effiziente Vertriebskonzept „Franchising“. Von Beginn an wurde das „Franchising“ als Vertriebsstrategie bewusst in die Baubranche übertragen. Ziel war und ist bis heute die Stärkung der Kundennähe und der Bau-Qualität. Town & Country-Bauherren haben damit also ‚ihren‘ Ansprechpartner vor Ort. Beides miteinander kombiniert hat Town & Country Haus zu einer festen Größe und zu einer von Branchenexperten und Bauherren gleichermaßen anerkannten und bekannten Marke gemacht.


Das Wichtigste aber ist aber die starke und gelebte Kundenorientierung. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor, den wir dank direkter Ansprechpartner vor Ort oder beispielweise auch unserer Sorgenhotline, bieten: Wir fragen nach, wie helfen unseren Kunden, wir nehmen die Wünsche, aber auch Sorgen und Nöte unserer Kunden ernst – von der ersten Beratung bis hin zur Schlüsselübergabe.

 


Warum haben Sie das Franchising eingeführt?

Der Trend geht zur Arbeitsteilung. Die Denkzentrale hier, das Geschäft vor Ort. Es gibt schließlich auch nur noch wenige Tante-Emma-Läden, allenfalls einen Spezialitäten- oder Bio-Laden um die Ecke. Die Franchise-Idee ist so einfach wie effektiv: Die massiv gebauten Häuser werden aus standardisierten Modulen individuell nach Kundenwunsch konzipiert. Planung und Statik für die Typenhäuser kommen von der Zentrale. Der beauftragte Lizenzpartner baut das Haus mit seinen regionalen Handwerkern, und übergibt es nach einer garantierten Bauzeit schlüsselfertig. Eine echte „Win-win-Situation“. Der Käufer bedient sich der Kompetenz, Erfahrung und Leistungsstärke „seiner“ regionalen Geschäftspartner, die im Umfeld bekannte und angesehene Unternehmen sind. Diese wiederum profitieren von der Stärke, dem Renommee und der Zuverlässigkeit der bundesweit bekannten Marke Town & Country.

 


Welche Unterstützung bietet die Town & Country-Zentrale ihren Franchise-Partner/innen bei PR und Marketing?
 
Zum einen bieten wir regelmäßig Strategie-Foren, Querdenker-Kongresse, Franchise- und Unternehmer-Tagungen und vieles mehr an. Drei Mal im Jahr führen wir eine so genannte Innovationsschmiede mit unseren Franchise-Nehmern durch. Ein internes Wiki sorgt parallel dafür, dass Ideen der Partner/innen einen Platz bekommen und auch gleich von allen Teilnehmenden geprüft und auf Effizienz und Machbarkeit bewertet werden. Wir liefern PR- und Marketingartikel, wie zum Beispiel Textvorlagen, die nur noch vom jeweiligen Partner individualisiert werden müssen

Wir verstehen uns als eine Denk- und Innovationszentrale für unsere Partner. Unser Wahlspruch heißt: „Unser Geschäft ist es, dafür zu sorgen, dass unsere Partner bessere Geschäfte machen.“ Um dies zu erreichen, verfolgen wir einen ganzheitlichen Ansatz und bieten unseren Partnern umfangreiche Services. Und wir unterstützen unsere Partner im Marketing, was von der Anzeigenvorlage bis zur TV-Werbung und Kooperationen mit großen Marken wie Edeka und RTL reicht. Gerade Werbekooperationen erhöhen die Markenbekanntheit und bringen dem einzelnen Partner zusätzliche Interessentenkontakte - bei geringem finanziellem Aufwand für den Einzelnen.

 


Machen Sie Ihre PR selber?

Wir haben eine PR-Agentur für Wirtschaft und eine für die Arbeit im Bereich unserer Franchise-PR. Wir möchten die Wahrnehmung unserer Marke für die Partnergewinnung in den Fachmedien verstärken und in unsere Maßnahmen einbinden. Heute kann ich schon sagen: Das ist gelungen. Unterstützung ist wichtig. Online-PR machen wir zu 90 Prozent im Hause selber, gemeinsam mit zwei Mitarbeitern. Ich kann natürlich zum Beispiel nicht komplett allein bei Xing alle Gruppen moderieren, dasselbe gilt auch für alle anderen sozialen Netzwerke auch. Dazu fehlt mir die Zeit.  

 


Ihre Philosophie „Verkaufen 2.0“ scheint für den Erfolg eine wichtige Rolle zu spielen. Verkauft man damit anders? Wie funktioniert das?  

Wir schulen unsere Partner und Hausverkäufer regelmäßig in Seminaren und vermitteln so unsere Philosophie des „Verkaufen 2.0“. Im Mittelpunkt steht dabei nicht mehr die Verkaufsschulung im klassischen Sinne mit Argumentationsstrategien, sondern  der ehrliche Umgang mit den Kunden und Interessenten. Wir wollen niemanden überreden, sondern offen und ehrlich agieren. Erfolg haben kann nur der, der sich tatsächlich für die Wünsche und Gefühle seines Gegenübers, seines Kunden interessiert. Wichtiger sind nun Zuhören, Reagieren und miteinander Kommunizieren… Mein wichtigster Einzeltipp, den ich allen unseren Partnern gerne ans Herz lege ist nach Konfuzius: Wenn über das Grundsätzliche keine Einigkeit besteht, ist es sinnlos, miteinander Pläne zu machen.

 


…es ist also stark ausgerichtet auf das moderne Zeitalter des social networking, der Kommunikation durch Web 2.0?

Ja, das ist die logische Antwort….  Das Angebot der Wettbewerber ist nur einen Mausklick entfernt, ebenso wie private Bauherren-Blogs, Bautagebücher  oder andere Verbraucherportale, die Probleme oder schlechte Erfahrungen aus der Vergangenheit des Verkäufers sofort offen legen. Man braucht nicht so zu tun, als ob immer alles reibungslos verläuft. Man kann den Menschen nichts mehr erzählen, denn sie können sich online vielleicht schon vom Gegenteil überzeugt haben.  Kunden sind heutzutage sehr viel vorab übers Internet informiert, so dass sie keinen Verkäufer mehr, sondern nur noch Helfer beim Einkauf benötigen.


Wir möchten Einkaufshelfer sein. Wir unterhalten uns und klären dann, ob unser Produkt auf die Situation und Wünsche des Kunden auch wirklich passt. Das ist ein ganz wichtiger Schritt: Erst einmal qualifizieren, dann das Verkaufsgespräch. Nicht mit jedem spazieren fahren, Termine machen, Häuser oder Grundstücke anschauen, versuchen, etwas zu verkaufen. Es muss geklärt sein, dass das Produkt glasklar das richtige ist, dann finden wir einen Weg.
Seit Jahren gibt es daher in unserer Ausbildung zum Hausverkäufer keine Schulungen zu Abschlusstechniken, Argumentationsstrategien oder Ähnlichem mehr. Wir schulen bewusst nur noch: „Sei bei dem anderen und hör genau hin. Wenn es nicht passt, brich ab oder empfiehl Alternativen“.

Unsere Partner lernen auch, mal „Nein“ zu sagen! Wichtig ist, dass Menschen mit Menschen, Freunde mit Freuden sprechen, warm werden miteinander. Beide Seiten müssen ein gutes Gefühl haben. Die Netzwelten des Web 2.0 führen zu mehr Kontaktmöglichkeiten, aber manchmal auch zur Verringerung von guten, persönlichen, verständnisvollen Gesprächen. Und diese sind uns sehr wichtig.

Konsequenterweise darf beim Verkaufen, im Gegensatz zu früher, nicht mehr allein der Verkäufer mit seiner Meinung und seinem Produkt dominieren, ein Gespräch nicht nur produktorientiert sein. Denn ob die Aussagen des Verkäufers wahr sind, kann jeder Interessent mit Hilfe der vielfältigen Informationsquellen des Netzes im Handumdrehen nachprüfen. Verkaufen 2.0 ist stattdessen Interaktion. Der Kunde redet schließlich auch mit seinesgleichen im Netz und übers Netz. Das heißt: das echte Interesse des Verkäufers 2.0 an den Wünschen des Interessenten steht im Vordergrund. Kein oberflächliches Geplänkel und kein Smalltalk, stattdessen ganzheitliche Bedarfsermittlung, was in unserer Branche zum Beispiel Grundstück, Finanzierung, sämtliche Nebenkosten und auch die Eigenleistungen beim Traumhaus betrifft. Wir sagen unsren Hausverkäufern stets: „ Hör genau hin, ob unser Produkt wirklich passt“ wenn nicht, sollte man auch mal „Nein“ sagen

Es ist eine ganz neue Kundenorientierung, bei der der Verkäufer zum Helfer beim Einkauf wird.

 


Wie wichtig ist dabei immer noch Webauftritt und Internetpräsenz?

Wie gesagt sehr wichtig. 90 Prozent unsere Kunden kommen über das Internet zu uns. Etwa 2 Millionen Zugriffe auf unsere Homepage konnten wir verzeichnen. Dort können sich Interessenten und zukünftige Eigenheimbesitzer vorab ausführlich informieren. Mehr als 60.000 Interessenten bitten um weiterführende Informationen.  So erhalten wir dann Kontakte, die auch gewünscht sind. Wichtig ist auch die Präsenz in den speziellen Online-Portalen, in unserer Branche immonet, immobilienscout etc. Denn dort suchen Interessenten. Wir fahren Anzeigen in Zeitschriften fast gegen Null, machen kaum noch Werbung in den Printmedien, allenfalls bei Events, Veranstaltungen, Terminen wie Richtfesten, Besichtigungen… Wir haben keine Hauskataloge, wir reden lieber miteinander. Daher bloggen und twittern wir auch, und kommen auch auf diese Weise in Kontakt mit unsern Kunden. Meist weiß der Kunde dank des Internets ebenso viel über ein Produkt wie der Verkäufer, oder er kann die Aussagen des Verkäufers mit nur zwei Mausklicks überprüfen.

 


Welche Rolle spielen Social Media für sie und Soziale Netzwerke allgemein in Ihrer Branche?

Facebook, Twitter, Xing und Co. sind immens wichtig. So bekomme ich beispielsweise auch Kontakt zu unzufriedenen Kunden, erfahre oftmals überhaupt auf diesem Wege von Sorgen und kann mich entsprechend einschalten. Auch Erfahrungsportale, Foren, eigene Bauherren-Blogs oder Online- Bautagebücher  sind gefragt wie nie. Und je öfter man die Marke Town & Country dort findet, desto besser. Bei uns überwiegt das Positive.

Stichwort Krisenkommunikation. Wie gehen Sie mit Kritik um? Mit unzufriedenen Bauherren? In Ihrem Blog veröffentlichen Sie beispielsweise auch Kritik und suchen den direkten Kontakt  zum Kunden?

Im Blog können Kommentare abgegeben werden, über Xing und Co. kann mich jeder erreichen. Früher war der direkte Weg zum Anwalt der normal übliche Schritt, wenn etwas nicht funktionierte. Und in der Baubranche – Stein auf Stein – kann nicht immer alles reibungslos verlaufen. Dank Social Media kann ich direkt auf mögliche Probleme eingehen und sie nach Rücksprache mit den Lizenzpartner vor Ort dann meist innerhalb einer Woche lösen. Vor allem aber kann ich so direkt angesprochen werden, falls jemand Ärger oder Sorgen loswerden möchte. Auf der anderen Seite ist es für andere wichtig zu sehen, wer bereits schon einmal mit Town & Country gebaut hat, ob er zufrieden war, wie er seinen Hausbau erlebt hat… Wir bekommen auch viel Lob von zufriedenen Kunden. Alles in allem schaffen wir so ein Netzwerk, in dem Geben und Nehmen unter Berücksichtigung verschiedenster Bedürfnisse stattfindet – das fasst es wohl gut zusammen.


Was bedeutet für Sie darüber hinaus „Netzwerken“?

Weiterhin in Kontakt bleiben ist wichtig. Ich nenne das „social communities leben“:  Wir haben viele Lizenzpartner, die z. B. regelmäßig ein Sommerfest organisieren und alle ehemaligen Kunden der vergangenen Jahre einladen. Ich verschicke beispielsweise gerne afrikanische Tier-Kalender mit eigenen Fotos. Die Reaktion ist stets positiv: „Unglaublich, dass diese Menschen noch an mich denken, auch wenn der Hausbau schon länger her ist“. Oder ich berate Bauherren, die nach zehn Jahren vielleicht Probleme mit dem Putz haben, jedoch keine Gewährleistung mehr haben, und empfehle günstige Handwerker, gebe Tipps.

Unternehmen, die sich offen der Kommunikation mit Ihren Interessenten und Kunden stellen, wirken sympathisch, offen und kundenorientiert. Und das nicht nur in guten Zeiten, auch wenn es Probleme gibt, ist es wichtig, offen und transparent mit ihnen darüber zu kommunizieren. In guten, wie in schlechten Zeiten.

Wichtig ist auch: Die gesetzte Zielgruppe muss stimmen. Wer einen Mercedes haben will, geht auch nicht zu VW. Wenn man ein Produkt gut machen will, kann man es nicht für jeden machen. Ein Produkt steht immer für eine bestimmte Zielgruppe. Und noch ein Tipp aus Erfahrung: Lass den Menschen Zeit, sie werden schon kaufen. Ein arabisches Sprichwort sagt: „Das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht.“

 

 

Bitte vervollständigen Sie den Satz: „Kommunikation ist für mich….“

… Hinhören, ehrliches Interesse an dem anderen haben, den anderen auf dem Weg, den er gehen will, begleiten.



Wie sehen Sie das Unternehmertum in Deutschland? Könnte etwas verbessert werden?

In den Schulen wird hierzulande zu wenig über Unternehmertum und Selbstständigkeit gelehrt. Da könnte einiges verbessert werden. Wir sind leider auch keine Gründernation. In Amerika und Holland hingegen zum Beispiel ist die Gründermentalität einen ganz andere. In Deutschland sind weniger bereit, etwas zu riskieren. Oftmals erst dann, wenn man irgendwo anders ein Problem hat. Oftmals haben Unternehmer keinen Stellenwert, mitunter einen schlechten Ruf, denn „sie beuten aus, zahlen schlecht…“. Es gibt in den Medien „Bauretter“, „Restauranttester“ oder „Schuldenberater“. Warum nicht einmal über einen Unternehmer berichten, der als gutes Beispiel steht für jemanden, der es geschafft hat, dessen Arbeitnehmer zufrieden sind?



Sie sind beruflich und sozial sehr engagiert. Wie schaffen Sie für sich die Balance zwischen Arbeit und Freizeit/Familie bzw. was unternehmen Sie, um nicht zu „verbrennen“?  

Freie Zeit ist Reisezeit: Wir verreisen als Eltern mindestens acht Wochen im Jahr. Dann führe ich  Gruppen im Nationalpark Hainich, veranstalte dort Seminare unter anderem auf dem Verkaufslehrpfad. Ich gehe selbst gerne in den Wald, in die Natur, finde dort Ruhe, aber auch Anregungen, Ansatzpunkte für neue kreative Ideen. Zudem engagiere ich mich im Wildkatzeninformationszentrum – mit dem europäischen Rettungsnetz. So versuche ich, die Balance zu halten.


In der Natur ist es so wie bei einem Unternehmen: Wenn das Netzwerk nicht funktioniert, ist man vom Aussterben bedroht. Ich versuche die Natur mit Unternehmens-Wachstum und -Strategie zu verknüpfen, denn wir sind Teil der Natur und der Evolution. Man hat auch als Firma mehr Chancen zu überleben, wenn man sich am natürlichen Wachstum orientiert, als wenn man sich nur an die reine Betriebswirtschaft hält.

 


Ihr persönliches Schlusswort?

Das Verkaufen alter Schule ist weder zielführend noch hat es Perspektive. Das Wichtigste ist Kommunikation. Das bedeutet Zuhören, mit den Menschen arbeiten und helfen! Kundenorientierung sollte nicht nur in den Broschüren stehen, sondern für den Menschen erfahrbar werden.

 


Herzlichen Dank für das sehr interessante Gespräch!

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